Wie funktioniert das Sprachenlernen? Und sind Kinder gegenüber Erwachsenen wirklich im Vorteil, wenn es ums Erlernen neuer Sprachen geht?
Seine erste Sprache, die Muttersprache, erlernt man durch Nachahmung. Von dem Moment an, da das Kind das Licht der Welt erblickt, ist es von Sprache umgeben. In einem Prozess, der immer noch nicht erschöpfend erforscht ist, nimmt das Kind Grammatik, Lautbild und Wörter seiner Muttersprache auf, bis es nach und nach in der Lage ist, in zunehmendem Maße selbst davon Gebrauch zu machen. Kinder, die zweisprachig aufwachsen, erlernen in der Regel beide Sprachen gleich gut. Häufig fällt es diesen Kindern in den ersten vier Jahren ihres Lebens oft schwer, die beiden Sprachen auseinanderzuhalten, weil die Hirnreifung noch nicht abgeschlossen ist.
Das Wissensnetz enger knüpfen
Aber auch mit über vier Jahren scheinen Kinder eine neue Sprache mühelos und schnell zu erlernen. Lernen sie Fremdsprachen also schneller und besser als Erwachsene? Oder können Erwachsene von den Kindern etwas abschauen?
Anders als Erwachsene, die sich dem Erwerb einer Fremdsprache vielleicht ein oder zweimal wöchentlich neben ihrem Beruf und vielen weiteren Aktivitäten widmen, erlernen Kinder eine neue Sprache besonders schnell, wenn sie sich in einer fremdsprachigen Umgebung zurechtfinden müssen, etwa im Kindergarten, in der Schule oder im Freundeskreis. Sobald sie ihre Scheu überwunden haben und sich voll und ganz in den Prozess des Nachahmens und Ausprobierens der neuen Sprache begeben, machen sie schnell Fortschritte und erschließen sich die neue Sprache spielerisch quasi nebenher.
Wenn Jugendliche und Erwachsene eine neue Sprache erwerben, begeben sie sich hingegen in eine spezielle Lernumgebung oder ein Lernszenario, um sich die Fremdsprache systematisch und strukturiert anzueignen – und das können sie wesentlich besser als Kinder. Denn wenn wir Sprachen lernen, verarbeitet das Gehirn die neuen Informationen – Grammatik, Vokabeln, Lautfolgen – so, dass es diese an vorhandenen Strukturen anknüpft und in ein bestehendes Wissensnetz integriert. Je mehr Anknüpfungspunkte das Gehirn hat und je mehr Erfahrung, Wissen, Kenntnisse, desto schneller und leichter fällt der Prozess des Lernens der neuen Sprache. Wer also in der Schule schon einmal Grammatik und fremdsprachige Wörter gelernt hat, kann bei dem Erwerb weiterer Sprachen auf diesem Wissen aufbauen und das vorhandene Wissensnetz systematisch enger knüpfen.
Es den Kindern gleichtun
So vorbereitet, sollte man es den Kindern wieder gleichtun und jede Möglichkeit nutzen, um das neu erworbene Wissen und die praktische Fähigkeit des Sprechens der Fremdsprache fest im Gehirn zu verankern. Die Möglichkeiten, sich mitten hinein in die Fremdsprache zu begeben, sind vielfältig: Gelegenheit zum Sprechen findet man in Konversationskursen, über Skype mit Gesprächspartnern oder auf Auslandsreisen. Noch vielfältiger sind die Möglichkeiten, die Fremdsprache zu hören.
Eine reiche Quelle bieten Podcasts von Radiosendern aus dem Internet oder YouTube-Videos zu jedem erdenklichen Thema. Auch mit Spielfilmen kann man üben, die Fremdsprache besser zu verstehen. Das ist oft eine besonders anspruchsvolle Herausforderung, die man sich durch Einstellen fremdsprachiger Untertitel erleichtern kann. Beginnt man erst einmal nach Möglichkeiten zu suchen, die Fremdsprache in Aktion zu erleben, wird man vielfältige Möglichkeiten entdecken. Das ist Teil des kreativen Prozesses zum Sprachenerwerb. Und das Wichtigste dabei ist, dass es nie langweilig wird.